Wien setzt Zeichen: Kostenlose Menstruationsprodukte an Schulen
Am 14. Dezember 2025 verkündete die Stadt Wien eine bahnbrechende Erweiterung ihres ehrgeizigen Projekts: Kostenlose Menstruationsprodukte an Wiener Schulen. Diese Initiative, die im Rahmen der Kinder- und Jugendmillion ins Leben gerufen wurde, hat bereits Wellen der Zustimmung in der ganzen Stadt geschlagen. Nun wird sie auf insgesamt 26 Schulen ausgeweitet, nachdem der Erfolg der Pilotphase überwältigend war.
Ein Projekt von Jugendlichen für Jugendliche
Die Kinder- und Jugendmillion ist ein einzigartiges Beteiligungsformat, das 2021 von der Stadt Wien eingeführt wurde. Es ermöglicht Kindern und Jugendlichen, eigene Projektideen einzureichen, online darüber abzustimmen und diese schließlich in Zusammenarbeit mit der Stadt umzusetzen. In den ersten beiden Durchgängen standen jeweils 1 Million Euro aus dem Stadtbudget zur Verfügung, um die besten Ideen zu realisieren.
Die Idee, kostenlose Menstruationsprodukte an Schulen bereitzustellen, wurde bereits im ersten Durchgang 2021 als Gewinnerprojekt ausgewählt. Damals wurden an neun Schulen Hygieneautomaten installiert, die sofort intensiv genutzt wurden. Die erneute Wahl dieses Themas in der zweiten Runde 2023/24 unterstreicht den dringenden Bedarf und die breite Unterstützung, die es in der Bevölkerung genießt.
Periodenarmut: Ein oft übersehenes Problem
Periodenarmut bezeichnet die finanzielle Unfähigkeit, sich grundlegende Menstruationsprodukte leisten zu können. Dieses Problem betrifft weltweit Millionen von Menschen, auch in wohlhabenden Ländern wie Österreich. Für viele Mädchen und Frauen ist es eine alltägliche Herausforderung, die oft im Verborgenen bleibt. Die Bereitstellung kostenloser Menstruationsprodukte an Schulen zielt darauf ab, diese Barriere zu überwinden und die soziale Teilhabe zu fördern.
Vizebürgermeisterin und Jugendstadträtin Bettina Emmerling betonte bei einem Schulbesuch in Meidling die Bedeutung des Projekts: „Die Kinder- und Jugendmillion zeigt, wie ernst wir in Wien die Anliegen junger Menschen nehmen. Aus einer klar formulierten Idee entsteht ein wirksames Angebot, das Periodenarmut reduziert, soziale Teilhabe stärkt und einen wichtigen Beitrag zur Enttabuisierung von Menstruation leistet.“
Die gesellschaftliche Bedeutung der Enttabuisierung
Menstruation ist ein natürlicher biologischer Prozess, der seit Jahrhunderten mit Tabus und Vorurteilen behaftet ist. In vielen Kulturen wird die Menstruation als etwas Unreines betrachtet, was dazu führt, dass Mädchen und Frauen sich schämen und zurückziehen. Das Wiener Projekt zielt darauf ab, diese Stigmatisierung zu durchbrechen und eine offene Diskussion über Menstruation zu fördern.
Gemeinderätin Marina Hanke unterstrich die gesellschaftliche Relevanz des Projekts: „Periodenarmut ist für viele Mädchen reale Alltagserfahrung – oft still und unsichtbar. Dieses Projekt holt das Thema aus der Tabuzone und sorgt ganz konkret dafür, dass niemand aus finanziellen Gründen in unangenehme Situationen geraten muss.“
Ein Blick auf andere Länder: Vorreiter Schottland
Wien ist nicht die erste Stadt, die kostenlose Menstruationsprodukte einführt. Schottland war das erste Land der Welt, das 2020 ein Gesetz verabschiedete, das den kostenlosen Zugang zu Menstruationsprodukten für alle Bürgerinnen und Bürger garantiert. Diese Maßnahme wurde weltweit gelobt und hat andere Länder inspiriert, ähnliche Initiativen zu ergreifen.
Die Rolle der Schulen: Bildung und Aufklärung
Die Bereitstellung von Menstruationsprodukten ist nur ein Teil der Lösung. Schulen spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung und Enttabuisierung des Themas. In Wien werden alle teilnehmenden Schulen zusätzlich kostenlose Workshops rund um das Thema Menstruation anbieten. Diese Workshops, die von den Frauengesundheitszentren FEM und FEM Süd durchgeführt werden, zielen darauf ab, Wissen zu vermitteln und einen offenen Umgang mit dem Thema zu fördern.
Benjamin Schmid, Leiter der Koordinationsstelle Junges Wien bei WIENXTRA, erklärte: „Die Rückmeldungen aus den teilnehmenden Schulen sind eindeutig: Die Produkte werden regelmäßig genutzt, die Hemmschwellen sinken, und der offene Umgang mit dem Thema wächst spürbar. Genau dafür ist die Kinder- und Jugendmillion da – um Ideen junger Menschen wirksam in die Praxis zu bringen.“
Die Auswirkungen auf den Alltag der Schülerinnen
Die Bereitstellung kostenloser Menstruationsprodukte hat direkte positive Auswirkungen auf das tägliche Leben der Schülerinnen. Eine Schülerin beschreibt die Erleichterung so: „Ich finde das Projekt sehr gut, weil man niemanden mehr fragen muss, man kann einfach auf die Toilette gehen und sich nehmen, was man braucht.“
Diese scheinbar einfache Maßnahme reduziert nicht nur die finanzielle Belastung für die Familien, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein der Schülerinnen, indem sie ihnen das Gefühl gibt, gleichberechtigt und unabhängig zu sein.
Ein Zukunftsausblick: Wohin führt der Weg?
Die Ausweitung des Projekts auf 26 Schulen ist ein bedeutender Schritt, doch die Stadt Wien hat noch größere Pläne. Ziel ist es, das Angebot in den kommenden Jahren auf alle Schulen in der Stadt auszuweiten. Dies würde nicht nur die Lebensqualität der Schülerinnen erheblich verbessern, sondern auch ein starkes Signal an andere Städte und Länder senden, diesem Beispiel zu folgen.
Die erfolgreiche Umsetzung des Projekts hängt von der kontinuierlichen Unterstützung durch die Stadtverwaltung und der aktiven Beteiligung der Schulen ab. Die Stadt Wien hat bereits signalisiert, dass sie bereit ist, die notwendigen Ressourcen bereitzustellen, um das Projekt langfristig zu sichern.
Fazit: Ein kleiner Schritt mit großer Wirkung
Die Bereitstellung kostenloser Menstruationsprodukte an Wiener Schulen mag auf den ersten Blick wie eine kleine Maßnahme erscheinen, doch ihre Auswirkungen sind tiefgreifend. Sie trägt zur Reduzierung der Periodenarmut bei, fördert die soziale Teilhabe und unterstützt die Enttabuisierung der Menstruation. Gleichzeitig sendet sie ein starkes Signal, dass die Stadt Wien bereit ist, die Anliegen ihrer jüngsten Bürger ernst zu nehmen und ihnen eine Stimme zu geben.
Mit der Ausweitung des Projekts auf weitere Schulen setzt Wien ein Zeichen für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung – ein Beispiel, das hoffentlich viele Nachahmer finden wird.